Amplonius NOVUS

Flyer Amplonius NOVUS 2014                            ppt Amplonius NOVUS

Alte+Neue Stiftung

Die erste Amplonianische Stiftung

1. Mai 1412, der entscheidende Tag. „Cantate Domino canticum novum.“ Es ist der Sonntag Kantate.

Der gelehrte Arzt und Theologe Amplonius Rating de Berka, geboren zwischen 1362 und 1365 im niederrheinischen Rheinberg, damals kurkölnische Stadt und Zollstätte an der Grenze zu den Territorien der Grafen von Kleve-Berg und der Grafen von Moers, tut heute etwas, das Folgen haben soll …

Amplonius hat zur Stunde der Vesper in seinem Wohnhaus in St. Aposteln zu Köln, wo er als Chorbischof („Chorepiscopus“) zur Leitung des Stifts gehört, fünf Männer aus seinem engsten Umfeld um sich versammelt: seinen leiblichen Bruder Petrus Rating de Berka, Kanoniker und Inhaber einer Pfründe an St. Aposteln, die beiden Verwandten Gerhard von Berka, Vikar an St. Maria im Kapitol in Köln, und Johannes Wissen, Pastor in Lünen im Erzbistum Köln und eine Zeit lang Kopist im Dienste des Amplonius, sowie den Dekan des Stiftes St. Aposteln, Magister Johannes de Stummel. Dazu als öffentlicher Notar „kraft kaiserlicher Vollmacht“ der Mainzer Kleriker Hartung Pletzichen de Rodenberg.

Der Rechtsakt: Amplonius Rating de Berka, bedeutender Mediziner, Universitätslehrer und Kirchenmann seiner Zeit, stiftet seine schon damals legendäre „Bibliotheca Amploniana“ – kein Privatmann nördlich und wahrscheinlich auch nicht südlich der Alpen besitzt zu dieser Zeit (also lange vor der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern) eine größere und intellektuell anspruchsvollere Bibliothek als er! – der von ihm an der Universität Erfurt eingerichteten und mit seinem Vermögen finanzierten Studienstiftung, dem „Collegium Amplonianum“ oder „Collegium Porta Coeli“ („Zur Himmelspforte“).

Unterschrift Amplonius 6   Unterschrift des Amplonius de Berka

Amplonius legt seine Stiftung bereits in der ersten Stiftungsurkunde und auch in den späteren Statuten „auf Ewigkeit“ an („zeu ewigin zeyten“). Die juristische Konstruktion, die der Stifter zur Sicherung dieses Ewigkeitsgedankens für seine Bibliotheksstiftung im Verein mit der Stiftung des Studienkollegs wählt, ist genial zu nennen, – zumal diese Konstruktion bis weit in die Gegenwart heran „gehalten“ hat: Stiftung und Bibliothek werden im Hoheitsgebiet des Erzbischofs von Mainz angesiedelt (Erfurt), die Nutzer (i.e. Kollegiaten) schwören aber dem Erzbischof von Köln Gehorsam und in Bezug auf die Stadt und die Universität Erfurt sind Bibliothek und Kollegium autonom.

Am 20. April 1433 stärkt Amplonius die Rheinberger Bildungslandschaft erneut durch eine Art „Sonderstiftung Rheinberger Lateinschule“: Er schenkt der Stadt Rheinberg 300 Goldgulden – zur damaligen Zeit nicht gerade wenig! – mit der Maßgabe, die Lateinschule davon zu unterhalten und einen Rektor zu besolden, der den möglichen Kandidaten der „Amplonianischen Stiftung“ das erforderliche Rüstzeug für das Studium in Erfurt vermitteln soll. Bürgermeister und Rat der Stadt Rheinberg bekennen sich in einem feierlichen Eid zur Amplonianischen Bildungsoffensive und geloben ihr immerwährende Unterstützung. Man verpflichtet sich, „allewege tot ewigen tyden eynen schoelmeyster halden onse kinder to leeren in kunsten ind seden, willich schoelmeister sal syn eyn meister in den vryen kunsten, ein waill [wohl] geleert meister und erber [ehrbar] van leven van der hoger scholen van Erfforde ind van den Collegio vorschreven. Deme schoelmeister soelen wy alle jair geuen tod ewigen tyden Achtyen gulden in guden Rynschen golde als vorschreben is.“

Insgesamt sechs Rektoren der Rheinberger Lateinschule, die aus dem „Collegium Amplonii“ stammen, lassen sich in der Frühzeit der Bildungspartnerschaft zwischen Rheinberg und der Stiftung nachweisen:

1440-1444      (ca.) Henricus Bruyn (Bruno) de Berka ist Rektor der Lateinschule in Rheinberg. In der Matrikel des „Collegium Amplonianum“ heißt es unter Nr. 13: „… iste rexit scholas in Berka primo inter Berkenses.“

1444-1448      Gottfriedus Walack de Bercka ist Schulrektor: „Rexit post magisterium suum in artibus scholam berkensem 4 annis post Magistrum Henricum Brunonis.“

1452-1456      (ca.) Rudolf Walack ist Rektor der Lateinschule.

1456-1460      (ca.) Johann Hoensheim ist Rektor der Lateinschule.

1460-1464      Rudolf Walack ist zum 2. Male Rektor der Lateinschule.

1466-1470      Mathias Dulling aus Berka. Er promoviert 1466 zum Magister und wird unmittelbar danach Schulrektor in Rheinberg. Der Tag des Amtsantritts und des Verlassens des Amtes des Schulrektors war jeweils de Bartholomäustag (23. August).

In Rheinberg ist seitdem – und bis in die Gegenwart – eine gute weiterführende „Höhere Schule“ angesiedelt. Die Rheinberger Lateinschule von 1337 (aus ihre entsteht später das Rheinberger Gymnasium) kooperiert von da an erfolgreich mit der hochangesehenen Universität in Erfurt und der anerkannten und geachteten Studienstiftung „Collegium Amplonianum“. So kann die Schule in der Kleinstadt am Niederrhein über einen äußerst langen Zeitraum hinweg zahlreiche interessante Weiterbildungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten anbieten und Karrieren auf den Weg bringen.

Entgegen der ursprünglichen Planungen kommen zahlreiche Bücher aus der Sammlung des Stifters bereits 1415 nach Erfurt, weswegen der dortige Rat ein weiteres Gebäude bereitstellt, das an das bereits vorhandene anschließt. Beide Häuser werden auf städtische Kosten zu einem Kollegium umgebaut. Ganz ohne Startprobleme gelingt es der Stiftung indes nicht, ihre Arbeit aufzunehmen. Der Stifter gerät 1421 mit der Stadt Erfurt, die ihn bis dato sehr großzügig unterstützt hat, in einen mehrjährigen Streit, als er verkündet, seine Stiftung aus Erfurt abziehen und andernorts ansiedeln zu wollen. Erst ein neuer Stiftungsbrief vom 22. September 1423 legt die Streitigkeit bei und am Michaelistag 1434 wird das „Collegium Amplonii“ schließlich feierlich eröffnet.

Das „Collegium Amplonii“ garantiert seinen Bewohnern beides: das leibliche Wohl, i.e. Kost und Logis wie auch Schutz und Sicherheit, und natürlich auch die geistige, intellektuelle Förderung mit dem Ziel des höchstmöglichen wissenschaftlichen Abschlusses.

Für das leibliche Wohl genießt jeder Kollegiat in der „Himmelspforte“ freie Wohnung, freie Verköstigung, freie Bedienung und eine gewisse Summe zur freien Verfügung als „Präbende“. Aus eigener Tasche muß jeder Kollegiat für seine Kleidung sorgen sowie für Kerzen für seine privaten Studien und für Getränke und Mahlzeiten außerhalb des Reglements. Das Leben im Kolleg ist streng geregelt und richtete sich genauestens nach den von Amplonius eigenhändig festgelegten Statuten, die klösterlich anmuten. Der Tag der Kollegiaten beginnt in aller Frühe (um 4 Uhr) mit einer Andacht in der Kapelle des Kollegs, die Einnahme der Mahlzeiten ist exakt festgelegt, ebenso die Speisefolge, die Schließung des Hauses am Abend, die Maßnahmen zur Körperpflege etc. etc. Der Aufenthalt von Frauen im Kolleg ist strengstens verboten.

Besondere Bedeutung innerhalb der Statuten kommt der geistigen Bildung der Kollegiaten zu. Studium und Bibliothek stehen dabei im Mittelpunkt. Es wird deutlich, daß die Bibliothek der Schatz ist, um den herum das Kolleg als Schutzhülle errichtet wurde. So muß jeder Kollegiat schwören, daß er „die Bücher und Bände, die grossen wie die kleinen, die der Bibliothek dieses Collegs nun eingefügt sind oder in Zukunft werden eingefügt werden, […] treulich im ganzen wie im einzelnen bewahren, sie wissentlich weder verderben, noch beschädigen, noch entfremden, noch vom Lesezimmer (studorium) der Bibliothek forttragen [werde], auch so viel an mir liegt, nicht zulassen, dass sie von Jemandem verdorben, beschädigt, entfremdet oder fortgetragen werden.“

Bezüglich des Studiums geht Amplonius auf den Wissensstoff und auf die Studiermethode selbst ein und gibt seinen Kollegiaten Hinweise, wie sie ihr Studium in den einzelnen Fakultäten durchführen sollen. Jeder Kollegiat, sei er Philosoph, Jurist, Theologe oder Mediziner erhält von Amplonius Vorgaben für sein jeweiliges Fachstudium – letztlich stellen die Statuten hier eine Art Studienordnung dar, die für die Kollegiaten verbindlich ist. Und eine Sache ist ihm wichtig: „Nulla haeresis!“ Bestimmte Ideen sind beim Studium auf jeden Fall zu meiden, nämlich die der Häretiker John Wyclif und Jan Hus!

In den Jahren nach Amplonius‘ Tod (um Ostern 1435) macht seine Stiftung einen rasanten Aufschwung und schon 1439 wird das „Collegium Amplonianum“ an der Leitung der Artistenfakultät der Erfurter Universität beteiligt. Auch in finanzieller Hinsicht steht die Stiftung offensichtlich auf einer gesunden Basis und finanziert sich aus den Erträgen des Stiftungsvermögens, aus Nachlässen, Zustiftungen ehemaliger Stipendiaten und auch aus Zahlungen derjenigen, die im Haus des Kollegs in der Erfurter Michaelisstraße verköstigt werden und dort wohnen, ohne jedoch Stipendiaten zu sein. Anno 1503 stiftet Tileman Gans aus Herborn eine weitere Kollegiatenstelle, deren Vorschlagsrecht der Stadt Herborn zusteht.

Die „Amplonianische Stiftung“ ist im engeren Bereich der Universität Erfurt von Anfang an erfolgreich: zwischen 1438 und 1517 bekleiden insgesamt 21 Magister aus der Amplonianischen Stiftung die Rektorwürde an der Universität Erfurt, zehn davon aus Rheinberg (Johannes Helmich, Johannes Pilgrim, Gerhardus in Curia, Gottfriedus Walack, Gerhard Helmich, Rudolf Walack, Heinrich Egher, Johannes Knas, Johann Fabri, Henr: Leonis). Fast immer – zwischen 1437 und 1522 genau 56 Mal – sind Magister aus der „Porta Coeli“ Dekane der philosophischen Fakultät der Universität Erfurt. Weitere Rheinberger werden in Erfurt Dekane verschiedener anderer Fakultäten, andere erhalten die Rektor-Würde an bekannten Universitäten (wie z.B. 1462 Gerhard Imhof in Basel, 1466 Johannes Pilgrim in Köln …)

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts sinkt an der Hierana die Zahl der Studenten dramatisch. Diese Entwicklung hat negative Auswirkungen auch auf das Kolleg des Amplonius, das darüber hinaus durch finanzielle Fehlentwicklungen in eine wirtschaftliche Schieflage gerät. In der Phase des Aufschwungs erworbene Gebäude müssen veräußert werden; das Kollegium verkleinert sich und ist letztlich nur noch in den ursprünglichen Domizilen an der Michaelisstraße präsent.

Unter den Dekanen Hugo Imhof und Hermann Zurlinden aus Amplonius‘ Heimatstadt Rheinberg prosperiert das „Collegium Amplonii“ am Ende der 16. und am Beginn des 17. Jahrhundert wieder für eine gewisse Zeit (es waren mittlerweile auch Protestanten als Kollegiaten zugelassen!), doch mit Beginn des Dreißigjährigen Krieges spitzt sich die finanzielle Lage wieder drastisch zu, nachdem auch die Zinszahlungen des Erfurter Rates 1628 ersatzlos gestrichen worden waren.

Die fortgeführte Tradition

Trotz aller Schwierigkeiten … die 1412 begonnene Stiftung überdauert die Jahrhunderte! 1803 besteht das Stiftungsvermögen noch aus diversen Häusern, Mobiliar, der „Bibliotheca Amploniana“, einem Kapitalvermögen in Höhe von 10.300 Meißner Gulden, Landbesitz.

Mit der Einverleibung Erfurts nach Preußen und der Schließung der Erfurter Universität im September des Jahres 1816 wird auch dem „Collegium Amplonii“ die Existenzgrundlage entzogen. Der letzte Dekan des Kollegs, Jacob Dominicus, wird an den Rhein nach Koblenz versetzt und verfügt, dass die „Bibliotheca Amploniana“ in Erfurt verbleiben soll – wo sie sich heute noch befindet.

Der preußische Staat übernimmt die Gebäulichkeiten und die Bibliothek (sie wird 1837 der königlichen Bibliothek einverleibt) und gibt der Stiftung eine neue Verfassung. Dieser Verfassung zufolge behält Rheinberg das Recht, aus dem Stiftungsvermögen acht Stipendien zu verleihen. Die Aufsicht über die Verleihungen der Stipendien durch den Rheinberger Stadtrat, bei der auf die Konfession der Bewerber keine Rücksicht mehr genommen werden soll, wird durch die Düsseldorfer Regierung ausgeübt. Die Stipendien für Universitätsstudenten sollen für drei Jahre verliehen werden. Zu Beginn des letzten Halbjahres der dreijährigen Genußzeit hat der Inhaber eine lateinische Dissertation zu verfassen. Kommt er dieser Forderung nicht nach oder genügt die Leistung nicht, so verliert der Inhaber sein Stipendium.

Am 22. April 1898 – die von Amplonius durch seine Sonderstiftung von 1433 geförderte „Schola Berkensis“ ist seit mittlerweile neun Jahren geschlossen – erfolgt durch die preußische Regierung in Berlin eine erneute Bestimmung des Statuts für die Amplonianische Stiftung zu Erfurt durch einen Erlass des Ministers der geistlichen, Unterrichts,- und Medizinal-Angelegenheiten (U.I. Nr. 10485). Hier wird noch einmal das im Testament des Stifters vom 22. Dezember 1435 verfügte Verleihungsrecht bestätigt: neben Rheinberg stehen den Städten Soest und Herford je ein, den Städten Erfurt und Erpel je zwei Stipendien zu. „Nur der Stadt Rheinberg wird es gestattet, drei Schülern eines Gymnasiums oder Realgymnasiums Stipendien zu verleihen.“

Dr. Aloys Wittrup, der 1903 die alte Lateinschule Rheinbergs in der Rektoratschule (als Keimzelle für das spätere Amplonius-Gymnasium) wieder aufleben läßt, schreibt in seiner Schulgeschichte der Stadt Rheinberg zum weiteren Verlauf der Amplonianischen Stiftung Folgendes: „1832 waren vom Rheinberger Stadtrat die Studenten Julius Plock, Christian Willick und Hermann Breiken begnadigt. In der Folgezeit verlieh derselbe Stadtrat fünf Stipendien an Universitätsstudenten. Drei konnten an Gymnasiasten der drei oberen Klassen gegeben werden. Nach der Inflation, die dem ersten Weltkrieg folgte, mußte die Stadt Erfurt die Stiftung wieder aufwerten, so daß allmählich wieder Stipendien ausgezahlt werden konnten. Als nach dem zweiten Weltkrieg Erfurt unter die russische Besatzung kam, waren die Rheinberger Stadtväter nicht mehr in der Lage, ihre alten rechte bezüglich der Amplonianischen Stiftung zu wahren. […]“

Das (vorläufige) Ende

Am 26. März 1947 wird Amplonius‘ Stiftung – zusammen mit weiteren „alten“ Stiftungen – durch Erlass des Ministers für Justiz des Landes Thüringen aufgehoben und in einer neu errichteten Stiftung öffentlichen Rechts vereinigt, die den Namen „Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer“ führte und ihren Sitz in Weimar (später Erfurt) hat.

Damit ist 535 Jahre nach Gründung der Stiftung das weitsichtige und großherzige Werk des Amplonius Rating de Berka, das geprägt ist von dem Gedanken, jungen Bürgerinnen und Bürgern seiner Heimatstadt zu einer guten akademischen Ausbildung und Bildung zu verhelfen, bei dem von Anfang an eine für seine Zeit ungewöhnliche soziale Denkweise die Richtung angab, zu einem juristischen Ende gekommen.

Der Gedanke aber lebt weiter, z. B. im Rat der Stadt Rheinberg, der 1952 die für damalige Verhältnisse enorme Summe von 30.000 DM für das Wiederaufleben der Amplonianischen Stiftung zur Verfügung zu stellt. Hans Josef Jansen schreibt darüber in seinem Beitrag zu einer Festschrift des Amplonius-Gymnasiums:

Dieses Geld wurde so gut angelegt, dass aus seinen Erträgen bedürftige Rheinberger Studenten unterstützt werden konnten. Hier handelte der Stadtrat ganz im Geiste des Amplonius. Mit Verweis auf die seinerzeit wichtige Studienförderung des Honnefer Modells wurde 1967 die Stipendienvergabe auf die Ausgabe von Darlehen umgestellt. Die letzten Darlehen wurden 1975 zugeteilt. Das angesammelte Vermögen sollte als Amplonianische Stiftung erhalten bleiben. Damit wurde es erst einmal sehr ruhig um das Erbe des Amplonius, und erst in einem Zeitungsbericht aus dem Jahre 1988 wurde bekannt, dass das Vermögen auf etwa 133 000 DM angewachsen war.

Es stellte sich nun natürlich die Frage, wie dieses Geld im Sinne des Stifters zu verwenden sei. Eine lange Phase des Überlegens setzte ein, bis man schließlich 1993 zu dem Entschluss kam, verschiedene schulische Projekte in Hohenstein-Ernstthal, unserer Partnerstadt, und selbstverständlich auch in Rheinberg mit diesem Geld zu fördern. Diese Verteilung konnte durchaus als im Sinne des Amplonius vertreten werden.

Ein Rest des Vermögens wurde in einen ‚Archivfonds Amplonianische Stiftung‘ eingebracht. Die Zielsetzung dieses Fonds ist, ‚…die Wahrung und Pflege des Stiftungsgedankens durch geschichtliche Aufarbeitung in Form der Erstellung einer Dokumentation über die Amplonianische Stiftung sowie die Person ihres Namens und dessen Wirken, durch die Sammlung von Literatur, die sich mit der Stiftung bzw. ihren Namensgeber auseinandersetzt‘.“

Der Stiftungsgedanke des Amplonius kommt damit nach über 500 Jahren zum Erliegen … vorerst.

Porta Coeli   „Porta Coeli“ in der Michaelisstraße zu Erfurt

Die Stiftung lebt weiter …

Dennoch: die Vision des Amplonius lebte weiter! Im Jahr 2003, dem Jahr des 100-jährigen Schuljubiläums des Gymnasiums, das den Namen des Amplonius Rating de Berka trägt, entsteht die Idee, des Namensgebers der Schule in besonderem Maße zu gedenken und die historische Bedeutung von Amplonius für die Bildung und Erziehung zahlreicher Rheinberger Jugendlicher in der Vergangenheit erneut einer breiten Öffentlichkeit in Erinnerung zu rufen und angemessen zu würdigen. In Anspielung auf die ehemalige „Amplonianische Stiftung“ wird diese Absicht durch die Schaffung eines neuen „Amplonius-Fonds“ in die Wirklichkeit umgesetzt. Mit diesem „Amplonius-Fonds“ werden – so die Grundidee – von nun an sozial schwache oder in eine Notlage geratene Schülerinnen und Schüler des Amplonius-Gymnasiums unterstützt (z. B. im Bereich von Lernmittelbeschaffung, Klassenfahrten, Teilnahme an Veranstaltungen etc.) und besonders begabte Schülerinnen und Schüler der Schule derart gefördert, dass sie ihre Talente besser entfalten können (z. B. indem ihnen die Teilnahme an Schülerkursen der Universität Duisburg-Essen ermöglicht wurde). Darüber hinaus sollen in geeigneter Weise Maßnahmen zur Stärkung des sozialen Miteinander in der Schule gefördert, kulturelle Projekte angestoßen und schulinterne Wettbewerbe unterstützt werden.

Grundstein für die finanzielle Ausstattung des „Amplonius Fonds“ ist ein Restbetrag von 2.800 EUR aus dem „Archivfonds ehem. Amplonianische Stiftung“, den die Stadt Rheinberg der Schule dankenswerterweise zur Verfügung stellt. Mit dieser Summe können schon bald die ersten Unterstützungs- und Fördermaßnahmen realisiert werden. Weitere Spenden sichern den Fortbestand des schulinternen Fonds.

Amplonius NOVUS – die NEUE Stiftung!

2012, zum 600-jährigen Gedenken an die großzügige und weitsichtige Stiftung des Amplonius, entsteht die Idee, die Stiftung in größerem Rahmen wiederaufleben zu lassen und Absolventen des Amplonius-Gymnasiums – ganz im Sine des Namensgebers – tatkräftig, d.h. finanziell, zu unterstützen. Der Schulleiter des Amplonius-Gymnasiums, OStD Heinz Pannenbecker (cf. Photo), sagt in seiner Rede anlässlich des Festaktes des Stadt Rheinberg am 6. Mai 2012:

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„Wie wäre es, wenn die zwischen 2000 und 2012 aufgelaufene Summe (von den vielen nicht gezahlten Gulden für meine Vorgänger möchte ich an dieser Stelle lieber nicht sprechen!) als Grundstock für eine neue Amplonianische Stiftung genommen wird, mit der wir Rheinberger Gymnasiasten sowie Studierende finanziell fördern?

Es gibt immer wieder – und gerade heute – an unserer Schule junge Menschen, die talentiert und motiviert sind, aber aus finanziellen Gründen ihre Ziele nicht anstreben können. Die Geldmittel unseres „Amplonius-Fonds“ reichen hier leider nicht aus, um langfristige Unterstützung zu garantieren.

Nehmen wir also die aufgelaufenen Goldgulden aus dem städtischen Gelöbnis von 1433! Ich bin gern bereit, einen privaten Betrag dazuzulegen, – und wenn dann alle hier im Saal, die zu Ehren des Amplonius gekommen sind, auch etwas dazugeben, wir außerdem noch ein paar Rheinberger, die heute leider nicht kommen konnten, um einen Beitrag bitten, dann haben wir ruck-zuck ein gar erkleckliches Sümmchen parat, um mit Zins und Zinseszins die nächsten 600 Jahre Bildungs- und Studienförderung in Rheinberg zu betreiben!

Wenn wir dann noch den Nachfolger des Amplonius in der Leitung der Universität Erfurt, Herrn Prof. Dr. Brodersen (den ich hier ganz herzlich begrüßen möchte!), dafür gewinnen könnten, sich dieser neuen Amplonianischen Stiftung auf die eine oder andere Weise anzuschließen (könnte es nicht z. B. die Möglichkeit geben, einen/mehrere Studenten aus Rheinberg besonders zu fördern?), dann würde aus unserem heutigen Gedenken an Vergangenes eine neue Perspektive für Zukünftiges werden.

Keine Angst: ich werde nicht gleich mit meinem Hut am Ausgang stehen und Geld einsammeln. Ich denke, Sie, liebe Festgemeinde, sollten darüber in Ruhe nachdenken, und ich verspreche Ihnen hier und heute, den Gedanken weiterzuverfolgen und zu realisieren.

Lassen Sie uns also gemeinsam versuchen, die Amplonianischen Stiftung NEU aufzulegen! Zum Lob und Angedenken an den ‚Ersame Her Amplonius Ratinck van Berke in den vryen kunsten Meister ind der kunsten van artzedyen Doctoir‘.“

Geburtshaus

Am 21. Juni 2012 wird die Idee, eine NEUE Amplonianische Stiftung zu gründen, von der Schulkonferenz des Amplonius-Gymnasiums diskutiert. Auszug aus der Niederschrift der Schulkonferenz:

„Wie bereits auf dem Festakt in der Stadthalle am 6. Mai 2012 angekündigt, ist eine Wiederbelebung der Amplonianischen Stiftung geplant. Vom Präsidenten der Universität Erfurt, Herrn Prof. Brodersen, stammt hierfür die Bezeichnung „Amplonius Novus“ und die Idee sich hierbei auch das „Deutschland Stipendium“ des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung zu Nutze zu machen.

Es hat bereits einen ersten Rundbrief des Schulleiters zu diesem Plan gegeben; die Reaktionen darauf waren positiv und ermutigend. Gedacht ist hier an eine Bürgerstiftung, für die es zahlreiche gute Beispiele gibt. Der Besitzer eines überregional bekannten Rheinberger Traditions-Unternehmens hat bereits eine 5-stellige Summe für die geplante Stiftung zugesagt.

Antrag des Schulleiters: Die Schulkonferenz begrüßt die Wiederbelebung der Amplonianischen Stiftung ausdrücklich und beauftragt die Schulleitung, alles ihr Mögliche zu tun, damit in nächster Zeit eine neue Stiftung eingerichtet werden kann, die begabten und qualifizierten, aber finanziell schlechter gestellten Schülerinnen und Schülern des Amplonius-Gymnasiums ein Hochschulstudium ermöglicht und damit eine Zukunftsperspektive eröffnet.

Beschluss: Der Antrag des Schulleiters wird einstimmig angenommen.

Mit der Unterstützung von Herrn Emil Underberg gelingt es dem damaligen Schulleiter, zahlreiche Freunde des Amplonius-Gymnasiums zu bewegen, sich in die neue Stiftung einzubringen. Rheinberger Unternehmer, zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, pensionierte und aktive Lehrkräfte der Schule, Ehemalige verschiedenster Abiturjahrgänge stellen größere und kleinere Summen zur Verfügung und zum Jahresende 2013 kann die neue Studienstiftung Amplonius NOVUS mit einem Stiftungskapital von 50.003 Euro an den Start gehen. Sie wird bei der Sparkasse am Niederrhein als unselbständige Stiftung innerhalb der „Stiftung Niederrheinischer Bürger“ geführt und betreut.

Individuelle Förderung – über die Schulzeit hinaus

Die Studienstiftung Amplonius NOVUS hat es sich zur Aufgabe gemacht, talentierte Absolventen des Amplonius-Gymnasiums zu unterstützen, insbesondere wenn auf Grund der jeweiligen familiären Situation abzusehen ist, das die Aufnahme oder Fortsetzung eines Studiums mit Schwierigkeiten verbunden sein könnte.

Voraussetzung für die Aufnahme in die Studienförderung ist der Nachweis herausragender schulischer Leistungen durch einen überdurchschnittlichen, herausragenden Notendurchschnitt im Abitur sowie ein während der Schulzeit gezeigtes besonderes schulisches und außerschulisches gesellschaftliches Engagement. Bevorzugt werden Absolventen des Amplonius-Gymnasiums, die ein Studium an der Universität Erfurt aufnehmen.

Die Vergabe des Stipendiums erfolgt auf entsprechenden Vorschlag einer Lehrkraft des Amplonius-Gymnasiums Rheinberg. Die Entscheidung über die Vergabe von Fördermitteln trifft der Vorstand der Stiftung. Er ist der Schule personell eng verbunden und besteht aus drei Mitgliedern: dem Schulleiter (z. Zt. der bis 2014 aktive Schulleiter des Amplonius-Gymnasiums Rheinberg), dem oder der Vorsitzenden der Schulpflegschaft und einem Vertreter der Stiftung Niederrheinischer Bürger.

Seit der Stiftungsgründung ist Amplonius NOVUS im Rahmen seiner Möglichkeiten fördernd aktiv:

Die Stiftung unterstützt talentierte Absolventinnen und Absolventen des Amplonius-Gymnasiums mit einem einmaligen Büchergeld für die Anschaffung von Büchern für ihr Studium (erstmalige Vergabe beim Abiturjahrgang 2013). Seit der erstmaligen Vergabe dieser „Starthilfe“ wurden insgesamt 22 Amplonianer/innen ausgezeichnet. Amplonius NOVUS hat dafür 1.650 Euro gespendet.

Die Stiftung gewährt erstmalig seit 2014 für mindestens ein Jahr ein Lebenshaltungsstipendium in Höhe von monatlich 100 Euro zur Unterstützung des Studiums. Ab Oktober 2016 werden erstmals zwei Amplonianer gleichzeitig mit einem Stipendium unterstützt. Insgesamt hat Amplonius NOVUS seit 2014 (bis Ende 2017) für Stipendien 5.400 Euro gestiftet.

Wie schrieb schon der in Rheinberg allseits geschätzte Geheime Sanitätsrat Dr. Heinrich Schmitz („Ohmen Hendrek“) im Rhinberksen Dagwieser von 1938: „Hoffentlich kömmt dat Stipendium, wenn ok in kleine Aenfänge wer op.“ – Nun, es ist wieder da!!!

Oktober 2017

Heinz Pannenbecker (Vorsitzender des Stiftungsvorstandes)

Den gesamten obigen Artikel mit einer umfangreichen Bibliographie un deiner Liste der Dekane des Erfurter Kollegs finden Sie zum Download hier: Alte+Neue Stiftung

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