CA 4° 194 Bl. 65 ff: Das Pestgutachten der medizinischen Fakultät der Universität Paris: „Tractatus de epidimia (a. 1349 a facultate medica Parisiensi editus“). Der Text beginnt wie folgt: „Visis effectibus quorum causa latet etiam ingeniosissimos intellectus mens humana in admirationem deducitur, et cum ei insit apprehensionis boni verique innata cupido, nam omnia bonum appetunt et scire desiderant, ut patet per philosophum euidenter. …“ – Vgl. Paasch, aaO, S. 175.
Auch unser Magister Amplonius de Berka setzt sich mit der verheerenden Pest-Epidemie auseinander, studiert Pesttraktate, die er in seiner Bibliothek sammelt, und schreibt höchstselbst ein „Regimen contra pestilenciam“. Der Mediziner ist höchst besorgt, — um seine Patienten und Mitmenschen und natürlich um seine Kollegiaten in Erfurt. Denn die epydimia ist auch eine Gefahr für das Collegium Amplonianum, für die dort studierenden jungen Akademiker und letztendlich auch für die überaus wertvolle Bibliothek. Folglich weist der Stifter seine Stipendiaten im Dezember 1433 in den Statuten des Kollegs an, bei einem Ausbruch der Pest die „Himmelspforte“ zu verlassen, und zwar „cito, longe et tarde“.
Er befiehlt, daß die Bibliothek geschlossen werden muß (die Schlüssel sind beim Erfurter Rat abzugeben) und alle Personen an Orte zu gehen haben, an denen keine Pest herrscht. Amplonius fordert: „fuge cito de loco pestilenciali ad locum non pestilencialem longe et tarde redibis”.
Was rät Doktor Amplonius, um nicht an der Pest zu erkranken und zu sterben? Er sagt, man soll Abstand halten von „zw vill lewtten“ (von zu vielen Leuten), möglichst keine fremden Wohnstuben und Häuser besuchen, da hier ein großes Potential für gegenseitige Ansteckung besteht und keine Badehäuser („patstuben“) frequentieren. Weiterhin soll man regelmäßig gewisse Hygienemaßnahmen durchführen, z.B. morgens und abends seine Kammer mit einem Gemisch aus Wacholder, Lorbeer und Wermut („kranwitper, lorber und wermut“) ausräuchern und selbst diesen Rauch intensiv inhalieren („zeuch den ruckh in dich mit grossem vleiß“). Außerdem soll man Hände und Gesicht oft mit Wasser oder Essig reinigen („Man sol hent und antlitz offt waschen mit wasser oder mit essich“), wobei man sich – so wird schon vorher gesagt – vor „rohem wasser“ hüten soll, was nichts anderes heißt, als daß man das Wasser abkochen soll. Außerdem soll man gewisse Ernährungsmaßregeln befolgen, also beispielsweise Walnüße mit einem Schluck Wein zu sich nehmen („guet walisch nuß; und thue dar auff ein guetten trunckh wein“), bevor man seine Kammer verläßt, und allen Speisen Essig hinzufügen („und in all dein speiß thue essich“).
Und als Quintessenz aller Ratschläge fordert „meyster Apollonius“, man solle stets züchtig und fröhlich sein, um das Blut in seiner vollständigen Kraft zu erhalten: „allzeit in zuchten frolich, so wehaltes dw das pluet in seiner krafft.“